Konfliktvermittlung in der Schule

Auf einem Work-Shop in Schwerin im Jahre 1998 zum Thema Konfliktvermittlung, der unter der Schirmherrschaft der damaligen Kultusministerin von Mecklenburg-Vorpommern stand und vom Landesinstitut für Schule und Ausbildung (L.I.S.A.) organisiert wurde, stellten alle Teilnehmer erstaunt fest, dass es viele Möglichkeiten gibt, die Konfliktvermittlung in den Schulen zu installieren. Tatsächlich gelten diese Erkenntnisse 15 Jahre später noch immer:

  • Es können geschulte Kräfte aus Vereinen und Instituten hereingeholt werden;
  • Es kann die Schulleitung das Thema durch eigene Fortbildung hereinholen;
  • Es können einzelne Lehrer sich dazu berufen fühlen und mit Fachliteratur oder Fortbildungen das Thema vertiefen;
  • Es können Eltern die Einrichtung von Konfliktvermittlung wünschen;
  • Es können Schüler sich selbst durch Fachliteratur fortbilden.

Bei all diesen verschiedenen Herangehensweisen ist jedoch wichtig, niemals aus den Augen zu verlieren, dass nur Schüler zu Konfliktvermittlern ausgebildet werden sollten, oder Personen aus anderen Institutionen, die nicht eine höhere Position beziehen.

Das Vertrauen in diese Person und die Allparteilichkeit sollten Voraussetzungen sein.

Folgende weitere Voraussetzungen müssen für Mediation an den Schulen erfüllt sein:

  • 1 Raum, in den die Konfliktvermittler sich ungestört für das Gespräch zurückziehen können.
  • 1 erwachsene Ansprechperson, die ihnen die Fälle zuweist und auch bei Problemen behilflich ist. In Ostvorpommern sind wir in der glücklichen Lage, dass fast jede Schule eine Schulsozialarbeiterin beschäftigt. Diese Person ist für die Konfliktvermittler meist der wichtigste Ansprechpartner u.a. um die Termine zu koordinieren.
  • Absolute Vertraulichkeit - Konfliktvermittler werden ernst genommen in ihrem Status.
  • Verantwortung an Konfliktvermittler abzugeben - sie sind durch ihr Training befähigt, auch schwierige Gespräche zu steuern und zu aller Zufriedenheit zu begleiten.
  • Es sollten am Anfang den Konfliktvermittlern nur leichte Fälle anvertraut werden, damit sie sich in ihrer neuen Rolle erst einmal die notwendige Kompetenz erwerben.
  • Haben die Konfliktvermittler schon mehrere Fälle gelöst, können sie sich auch an Ungleichheiten bedingt durch Macht und Autorität heranwagen. Sie wären dann auch in der Lage, in Konflikten
    • zwischen Eltern und Lehrern,
    • zwischen Schülern und Lehrern,
    • zwischen Schülern und Schulleitung,
    • zwischen Eltern und Schülern, zu vermitteln.
  • Ob sie immer in den gleichen Pausen oder zu festgesetzten Sprechzeiten mediieren, sollten die Konfliktvermittler für sich selbst entscheiden.
  • Es wäre gut, Konfliktvermittlern den notwendigen Zeitraum für ihre Gespräche einzuräumen.

Leitfaden für eine praxisnahe Konfliktvermittlung
Mediation in Ihrer Schule

Folgende Voraussetzungen sollten für Konfliktvermittlung-Mediation an den Schulen eingerichtet und bedacht werden: 

  1. Die Konfliktvermittler benötigen vor einer Konfliktvermitttlung Informationen über den reinen Sachverhalt eines Konflikts. Danach benötigen sie ein wenig  Zeit, um sich über die Vorgehensweise auszutauschen und sich auf alle Schritte der Mediation gedanklich vorzubereiten. Die Mediation sollte also nicht sofort stattfinden müssen. Kalkulieren Sie ein, dass es Mediationsgespräche gibt, bei denen mehrere Gespräche stattfinden müssen. Es kann nicht immer sofort eine Lösung mit den Streitparteien gefunden werden.
  2. Die Konfliktvermittler benötigen Sie – die Schulleitung und die  Lehrer -  gerade in der Anfangsphase, damit Sie ihnen die Fälle zuweisen. Günstig wäre es, den Konfliktvermittlern vorher einen Hinweis zu geben, um was für Probleme es sich handelt und welches Ziel erwünscht wird.
  3. Die Konfliktvermittler benötigen einen geschützten Raum,  in dem sie sich für das Gespräch zurückziehen können. Dies sollte möglichst immer der selbe Raum sein. Sie sollten dort die Möglichkeit besitzen, ihre Aufzeichnungen vor und nach dem Gespräch aufbewahren zu können, ohne dass diese von Lehrern eingesehen werden. Diesen Raum sollte während einer Mediation kein anderer betreten, damit ein ruhiges störungsfreies Gespräch gewährleistet ist. (evtl. durch ein Schild von außen gekennzeichnet)
  4. Mediationsgespräche können in der grossen Pause geführt werden. Meist reicht diese Zeit aus. Sollten die Konfliktvermittler trotzdem in den folgenden Unterricht hinein mediieren, sollten die entsprechenden Lehrer dies akzeptieren und die Konfliktvermittler nicht bestrafen. Aus unserer Erfahrung wird von den Konfliktvermittlern das Vertrauen der Lehrer nicht missbraucht. Sie nehmen sich nur soviel Zeit, wie sie wirklich benötigen. Ob sie immer in den gleichen Pausen oder zu festgesetzten Sprechzeiten mediieren, sollten die Konfliktvermittler für sich selbst entscheiden.
  5. Lehrer sollten Konfliktvermittlung an Schule für sich als Chance und Entlastung sehen, so dass Sie einen ruhigen und störungsfreien Unterricht halten können. Doch sollten Sie andererseits die  Konfliktvermittler nicht überfordern. Es sind nicht alle Konflikte für eine Mediation geeignet. Die Konfliktvermittler dürfen auch Fälle ablehnen, die ihnen zu schwer erscheinen.
  6. Das Mediationsgespräch unterliegt der Schweigepflicht. Inhalte müssen vertraulich behandelt werden. Die Konfliktvermittler dürfen von den Lehrern nicht gedrängt werden, Informationen aus der Mediation preiszugeben. Es kann jedoch sein, dass sie zur besseren Umsetzung der angestrebten Lösung, nach vorheriger Genehmigung der Konfliktparteien, die entsprechenden Lehrer oder die Schulleitung um Mithilfe bitten.
  7. Die Konfliktvermittler sind nicht dafür ausgebildet, auf dem Schulhof für Ordnung zu sorgen, oder zwischen Tür und Angel ein Mediationsgespräch zu führen.
  8. An einem Mediationsgespräch sollten - gerade in der Anfangsphase - nur zwei Konfliktparteien freiwillig teilnehmen. Diese dürfen nicht unter Druck zu diesem Gespräch gezwungen werden. Natürlich kann man sie dazu überzeugt haben. Doch Freiwilligkeit bleibt Grundvoraussetzung. Die Öffentlichkeit nimmt an so einem vertraulichen Gespräch nicht teil.
  9. Lehrer müssen sich häufig erst einmal daran gewöhnen, Verantwortung an Konfliktvermittler abzugeben. Diese sind jedoch durch ihr Training befähigt, auch schwierige Gespräche zu steuern und zu aller Zufriedenheit zu begleiten. Trotzdem sollten am Anfang den Konfliktvermittlern nur leichte Fälle anvertraut werden, damit sie sich in ihrer neuen Rolle erst einmal die notwendige Kompetenz erwerben.
  10. Haben die Konfliktvermittler schon mehrere Fälle gelöst, können sie sich auch an Ungleichheiten bedingt durch Hierarchie und Autorität heranwagen. Sie wären dann auch in der Lage, in Konflikten
     < >zwischen Eltern und Lehrern, zwischen Schülern und Lehrern, zwischen Schülern und Schulleitung, zwischen Eltern und Schülern Konfliktvermittler bleiben “junge Menschen in der Entwicklung“. Sie müssen nicht automatisch durch ihre „neue Rolle“ bessere Menschen werden. Das braucht Zeit. Die Ausbildung ist noch nicht beendet. Stellen Sie die Konfliktvermittler den Mitschülern nicht als die großen Vorbilder für gutes und faires Verhalten vor. Sie sind erst einmal nur dafür ausgebildet, Konfliktgespräche inhaltlich zu verstehen, zu moderieren und zu einer Lösung zu führen. Wenn sie das bewältigen, ist es schon eine enorme Leistung, die  nur wenige  Erwachsene beherrschen. Zeigen Sie also Ihr Vertrauen und Respekt, wenn diese jungen Menschen das bewältigen. Natürlich freuen sich Konfliktvermittler, wenn Schulleitung sie nach guter Arbeit öffentlich ehrt.

Aufgaben der Mediatoren - Konfliktvermittler

  • Konfliktvermittler sollten kein eigenes Interesse am Konfliktausgang haben - also neutral und allparteilich sein, da sie sich für die Interessen aller Streitparteien einsetzen.
  • Als erstes sollten Konfliktvermittler von allen Streitparteien akzeptiert und respektiert sein. Sie sollten Vertrauen und eine gewisse Kompetenz besitzen.
  • Konfliktvermittler urteilen und bewerten nicht. Wir sagen "sie lassen ihren eigenen Senf heraus".
  • Konfliktvermittler übernehmen das Gespräch und leiten an.
  • Konfliktvermittler fragen mit ihrem Handwerkszeug wie der "gewaltfreien Kommunikation" nach Gefühlen und Bedürfnissen und nehmen diese ernst.
  • Konfliktvermittler achten auf die Einhaltung der Regeln und geben klare Strukturen vor.
  • Konfliktvermittler achten darauf, dass eine Mediationsphase nach der anderen durchlaufen wird.
  • Konfliktvermittler achten auf ein System im Gespräch und auf einen geordneten Gesprächsablauf.
  • Während die Kontrahenten das Gespräch mit ihren Themen ausfüllen, geben die Konfliktvermittler den äußeren Rahmen und werden den gesamten Ablauf in der Hand behalten. Natürlich können dabei Wünsche und Vorschläge der Kontrahenten berücksichtigt werden.
  • Konfliktvermittler achten auf eine sinnvolle Reihenfolge.
  • Konfliktvermittler werden kontaktfördernde Dialoge fördern.
  • Konfliktvermittler werden Wortwechsel unterbrechen und konkretisieren.
  • Konfliktvermittler werden Widerstände und Störungen wahrnehmen und die Streitparteien darauf ansprechen.
  • Konfliktvermittler sind nicht für eine Lösung zuständig. Die Lösungen werden von den Kontrahenten erarbeitet.
  • Konfliktvermittler gehen mit dem Gehörten vertraulich um.
  • Konfliktvermittler werden, um größeren Schaden zu verhindern oder Ruhe hineinzubringen, ein Gespräch auch einmal unterbrechen oder abbremsen können.
  • Konfliktvermittler können ein Gespräch auch abschließen, wenn sie der Meinung sind, dass Inhalt und Themen nicht vollständig in dieser Sitzung ausgeleuchtet werden können. Doch sollte dies mit einem gefühlsmäßigen Abfragen der Kontrahenten erfolgen, "ob sie erst einmal auseinander gehen können, auch wenn dieses wichtige Thema noch ungelöst bleibt".
  • Konfliktvermittler können ein Gespräch von sich aus abbrechen, wenn keine vernünftige oder ethische Lösung gefunden wird.